Das Klaviertrio gehört zu den anspruchsvollsten Gattungen der Kammermusik. Es verlangt nach ausgewogener Balance, feinem musikalischem Dialog und gemeinsamem Puls. Dieser Abend zeigt, wie unterschiedlich sich diese Voraussetzungen erfüllen lassen und welch reiche Ausdrucksmöglichkeiten aus dieser Balance hervorgehen können.
Das Klaviertrio von Emanuel Kania ist ein selten gespieltes Werk, das jedoch die Merkmale der polnischen Romantik in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts exemplarisch widerspiegelt. Kania – heute weitgehend in Vergessenheit geraten – war zu seiner Zeit eine bekannte Persönlichkeit. Er studierte in Leipzig, war mit Moniuszko befreundet und entfaltete eine rege Konzert- und Lehrtätigkeit. Sein Trio zeugt von einem feinen Gespür für Form und von jener sanglichen Melodik, die der Epoche eigen ist. Es sucht nicht das Experiment, sondern setzt auf Lyrik, klare Struktur und einen sorgfältig geführten Dialog der Instrumente.
Ganz anders klingt das Klaviertrio von Andrzej Czajkowski – eines seiner bedeutendsten kammermusikalischen Werke. Es entstand in den Jahren 1957-1958, kurz nach seinen pianistischen Erfolgen in Brüssel und Warschau, aber noch vor seiner endgültigen Hinwendung zur Komposition. In diesem Werk sind zwei Kräfte spürbar: die Verbundenheit mit klassischen Proportionen und das gleichzeitige Bedürfnis, sie zu überschreiten. Das Trio besitzt eine kompakte Form, doch Czajkowskis musikalische Sprache ist scharf, mitunter von fast brutaler Direktheit, und das emotionale Spannungsfeld bleibt durchgehend präsent. Ein Werk, das sich schwer einordnen lässt – und gerade deshalb hörenswert ist.
Das Klaviertrio Nr. 2 von Mieczysław Weinberg, mit dem das Konzert endet, ist ein reifes Werk aus dem Jahr 1945 – geprägt von den Erfahrungen des Krieges und der Flucht. Weinberg illustriert hier keine Ereignisse, sondern versucht vielmehr auszudrücken, was im Inneren eines Menschen nach einer Katastrophe vorgeht. Das viersätzige Werk entfaltet in jeder Bewegung eine eigene Energie – von marschartigen Rhythmen bis hin zu einem verhaltenen, fast erlöschenden Finale. Es ist eine Musik voller dramatischer Gesten, aber auch stiller Momente, in denen sich eine modernistische Klangsprache mit einem einfachen, fast flüsternd vorgetragenen Thema verbindet.
Obwohl die drei Klaviertrios in einem Zeitraum von fast hundert Jahren entstanden sind, verbindet sie eines: das Vertrauen in die Form als Ausdruck des musikalischen Denkens. Bei Kania ist sie klar und klassizistisch, bei Czajkowski gespannt und rau, bei Weinberg dramatisch und vielschichtig. Gemeinsam gehört, entfalten sie eine Erzählung darüber, wie vielfältig man ein und dasselbe Thema gestalten kann: über die Beziehung dreier Instrumente, die einander zuhören, statt allein zu glänzen
Weinbergs Klaviertrio op. 24, gespielt vom Trio Marvin:
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Das Konzert wird vom Nationalen Institut für Musik und Tanz im Rahmen des Programms „Polnische Musikszene“ mitorganisiert und vom Minister für Kultur und nationales Erbe finanziert.
Współorganizator
Förderung
DETAILS
Kampf der Formen 06-05-2026 19:00
KammersaalFilharmonia im. Mieczysława Karłowicza w Szczecinie
ul. Małopolska 48
70-515 Szczecin
Mai 2026
06MAI '26Mi, 19:00
KAMMERKONZERTE 2025/2026 | Polnische MusikszeneKampf der FormenKammerkonzert