Der Abend des 29. Mai 2026 in der Philharmonie in Szczecin verspricht eine Begegnung mit zwei Meistern der musikalischen Form: Beethoven und Bruckner. Ihre Werke, obwohl im Charakter unterschiedlich, verbindet eine tiefe Reflexion über Struktur und Emotion.
Ludwig van Beethoven führte mit seinem Klavierkonzert Nr. 4 G-Dur op. 58, komponiert in den Jahren 1805-1806, innovative formale Lösungen ein. Zum ersten Mal beginnt hier das Klavier den Solopart ohne orchestrale Einleitung – eine für die damalige Zeit bahnbrechende Neuerung. Der zweite Satz, Andante con moto, wird häufig als musikalische Spiegelung des Orpheus-Mythos interpretiert, wobei das Klavier die Stimme des Orpheus symbolisiert, die den Zorn des Orchesters – des Hades – besänftigt. Das abschließende Rondo ist ein energievoller Satz, der Virtuosität und Lyrik miteinander verbindet.
Die Uraufführung fand am 22. Dezember 1808 im Theater an der Wien in Wien während eines Konzertmarathons statt, bei dem Beethoven selbst als Solist auftrat. Es war sein letzter großer öffentlicher Auftritt als Pianist. Das Werk ist Erzherzog Rudolf gewidmet, dem Schüler und Mäzen des Komponisten.
In Szczecin wird dieses Konzert in der Interpretation von Charles Richard-Hamelin zu hören sein – einem kanadischen Pianisten, der internationale Anerkennung erlangte, nachdem er beim Chopin-Wettbewerb 2015 den zweiten Preis sowie den Krystian-Zimerman-Preis gewonnen hatte. Hamelin ist in Polen ein häufiger Gast. Er absolvierte sein Studium in Montreal, an der Yale University und an der McGill University. Sein Repertoire umfasst Werke von Chopin ebenso wie von Beethoven und Brahms.
Beethovens Klavierkonzert Nr. 4, gespielt von Yulianna Avddeeva (Klavier) und dem WDR Sinfonieorchester unter der Leitung von Mandfred Honeck:
Nach der Pause erklingt die 6. Sinfonie in A-Dur von Anton Bruckner – ein Werk, das seltener aufgeführt wird als seine bekanntesten Sinfonien, von vielen jedoch als seine formal geschlossenste angesehen wird. Die Sinfonie entstand in den Jahren 1879-1881, in der reifen Schaffensperiode des Komponisten. Bruckner selbst bezeichnete sie als „seine kühnste“. Der erste Satz – Maestoso – ist um ein markantes rhythmisches Motiv gebaut, das konsequent wiederkehrt und weiterentwickelt wird. Das Adagio, vielleicht das schönste seines gesamten Œuvres, strahlt Ernst und Ruhe aus. Das Scherzo überrascht durch Regelmäßigkeit und Dynamik, und das Finale bringt eine Synthese der vorangegangenen Themen.
Zu Lebzeiten Bruckners wurden lediglich die mittleren Sätze der Sinfonie aufgeführt – im Jahr 1883 in Wien, vermutlich unter der Leitung von Wilhelm Jahn. Die vollständige Sinfonie erklang erst am 23. Februar 1899 in Graz, sieben Jahre nach dem Tod des Komponisten. Das Konzert dirigierte August Göllerich, ein Schüler und engagierter Fürsprecher Bruckners. Diese Aufführung trug wesentlich dazu bei, den posthumen Ruf des Komponisten als Meister der großen Sinfonik zu festigen.
An diesem Abend wird das Orchester von Christoph König geleitet – einem deutschen Dirigenten, der in Dresden studierte, Ensembles in Malmö, Porto und Luxemburg leitete und seit Kurzem Chefdirigent des RTVE-Sinfonieorchesters in Madrid ist. Ein Künstler, der mit der Sprache Bruckners vertraut ist und auch Beethovens Stimme Gehör schenkt.
Bruckners 6. Symphonie, aufgeführt vom hr-Sinfonieorchester unter der Leitung von Christoph Eschenbach:
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Eine Idee in Form gebannt 29-05-2026 19:00
SinfoniesaalFilharmonia im. Mieczysława Karłowicza w Szczecinie
ul. Małopolska 48
70-515 Szczecin
Mai 2026
06MAI '26Mi, 19:00
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