Die Konzertreihe Denkmäler der Sinfonik ist jenen Werken gewidmet, die wir gut zu kennen glauben – auch wenn wir ihnen nicht immer wirklich aufmerksam zuhören. Diesmal erklingt Antonín DvořáksSinfonie e-Moll Nr. 9 – Aus der Neuen Welt.
Bevor Dvořák nach Amerika ging, galt er bereits als einer der angesehensten Komponisten Mitteleuropas. Er stammte aus dem Dorf Nelahozeves bei Prag, war der Sohn eines Metzgers und Geigers – und arbeitete selbst viele Jahre als Bratschist und Musiklehrer. Anerkennung erlangte er nicht durch Avantgarde oder künstlerische Manifeste, sondern durch eine ausgeprägte nationale Klangsprache und eine außergewöhnliche melodische Begabung.
Im Jahr 1892, mit 51 Jahren, wurde Dvořák nach New York eingeladen, um die Leitung des National Conservatory of Music zu übernehmen. Er sollte dort nicht nur unterrichten, sondern auch helfen, einen eigenständigen amerikanischen Musikstil zu entwickeln – so wie er zuvor die tschechische Musik geprägt hatte. Drei Jahre lang arbeitete er dort – und hörte genau hin. Er war fasziniert von Spirituals, den Traditionen der indigenen Bevölkerung und der vielsprachigen, kulturellen Vielfalt der Neuen Welt. Doch in seinen Briefen wurde ein Ton der Sehnsucht immer hörbarer: Von der Neuen Welt aus blicke ich noch stärker zur alten. Diese doppelte Perspektive – Faszination und Ferne – durchdringt die gesamte 9. Sinfonie.
Der bekannteste Abschnitt der Sinfonie – der zweite Satz, Largo – war lange Zeit nur als Instrumentalstück bekannt. Erst 1922 schrieb William Arms Fisher, ein Schüler Dvořáks und amerikanischer Komponist, einen Liedtext dazu und machte daraus Goin’ Home. Viele halten die Melodie für einen traditionellen Spiritual – doch tatsächlich stammt sie vollständig aus Dvořáks eigener Vorstellungskraft. Sie ist kein Zitat, sondern eine stilisierte Annäherung: ein Versuch, den Geist afroamerikanischer Musik in neuer Form zu fassen. Das ist kein Zufall – denn diese Sinfonie erzählt nicht von Amerika, sondern von einem Menschen, der in Amerika versucht, sich selbst zu finden.
Die Form des Werks ist klassisch: vier Sätze, ein dramatischer Auftakt, das berühmte Adagio, ein tänzerisches Scherzo und ein monumentaler Schluss. Doch der eigentliche Inhalt liegt tiefer – zwischen den Phrasen, zwischen den Welten. In guter Tradition der Konzertreihe wird Dirigent Przemysław Neumann vor dem Konzert die Form und Entstehungsgeschichte des Werks erläutern – und anschließend selbst das Dirigat übernehmen.
Es gibt Sinfonien, die wirken vom ersten Takt an vertraut. Und doch hören wir oft erst nach Jahren, wie viel in ihnen wirklich gesagt wird. Genau das sind die Denkmäler der Sinfonik.
Allegro con fuoco aus Dvořáks 9. Symphonie, aufgeführt von den Wiener Philharmonikern unter der Leitung von Gustavo Dudamel:
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Sinfonische Monumente – Dvořák 16-05-2026 19:00
SinfoniesaalFilharmonia im. Mieczysława Karłowicza w Szczecinie
ul. Małopolska 48
70-515 Szczecin
Mai 2026
06MAI '26Mi, 19:00
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