Ein Blechbläserensemble steht nur selten allein im Rampenlicht. Meistens unterstützt es das Orchester, in Momenten des Triumphs, dramatischer Wendungen oder als Fanfarenstimme. Doch wenn es in den Mittelpunkt rückt, zeigt es eine erstaunliche Vielseitigkeit. Es kann höfisch klingen, ironisch wirken, Ernsthaftigkeit tragen oder mit Stilen spielen. Dieses Konzert ist ein echtes Rollenspiel – wie auf der Bühne eines Repertoiretheaters. Ein Ensemble, viele Klangwelten.
Zur Eröffnung: Feuerwerksmusik von Georg Friedrich Händel - in einer Fassung für Blechbläserensemble. Ursprünglich (1749) ein Orchesterwerk mit erweiterter Bläserbesetzung, ohne Violinen, ganz im Sinne von Georg II. von Hannover, König von Großbritannien. Die Komposition entstand anlässlich des Aachener Friedens, der den Österreichischen Erbfolgekrieg beendete. Die Transkription bringt den fanfarenhaften Charakter des Werks besonders zur Geltung. Die Blechbläser geben nicht den Hintergrund, sondern den Ton an und prägen die musikalische Rhetorik.
Eine ganz andere Klangsprache bringt die Brass Symphony von Jan Koetsier mit sich – eines der ersten Werke des 20. Jahrhunderts, das von Anfang an speziell für Blechbläserensemble komponiert wurde. Koetsier, ein niederländischer Komponist mit Lebensmittelpunkt in Deutschland, arbeitete viele Jahre eng mit Blechbläsergruppen in München zusammen. Seine Sinfonie von 1979 ist technisch anspruchsvoll und reich an stilisierten Anspielungen – vom klassisch geprägten Formgefühl bis hin zu grotesken Dialogen.
Die Suite aus der Oper María de Buenos Aires von Astor Piazzolla zählt zu den bedeutendsten Werken des berühmten argentinischen Komponisten. In diesem Konzert erklingt sie in einer besonderen Bearbeitung für Blechbläserensemble von Steven Verhelst. Diese Fassung verleiht dem Werk eine neue Klangfarbe, ohne dabei die Melancholie, den dramatischen Ausdruck und Piazzollas unverkennbare Tango-Harmonien und -Rhythmen aus dem Blick zu verlieren.
Bruckner Etude ist ein bewusstes stilistisches Zitat. Enrique Crespo, Posaunist und Gründer von German Brass, schafft ein neues Werk, das sich am sinfonischen Klangbild Anton Bruckners orientiert – an seiner Harmonik, dem Spannungsaufbau und der charakteristischen Klangwucht. Dabei zeigt er, wie viel Ausdruckskraft in nur wenigen Blechblasinstrumenten stecken kann.
Bruckner Etude von Enrique Crespo, gespielt vom Noord-Nederlands Trombone Ensemble:
Zum Abschluss: die Passacaglia c-Moll von Johann Sebastian Bach, ursprünglich für Orgel komponiert. In dieser Fassung für Blechbläserensemble überrascht sie durch Strenge und Klarheit. Die kontrapunktischen Schichten treten deutlich hervor – wie mit dem Meißel herausgearbeitet. Es ist Bach in analytischer Reinform, ohne Retusche, ohne stimmungsvolle Verklärung.
Dieses Konzert ist mehr als nur eine Demonstration instrumentaler Möglichkeiten. Es ist eine musikalische Erzählung über stilistische Wandlungsfähigkeit und Identität – darüber, wie ein Blechbläserensemble sich in ganz unterschiedlichen Klangwelten von Barock bis ins 20. Jahrhundert zurechtfindet. Und wie ein Ensemble mit fester Besetzung ganz unterschiedliche Klangsprachen beherrscht.
Passacaglia in c-Moll von Bach, gespielt von The Barclay Brass:
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DETAILS
Blechbläserensemble 01-10-2025 19:00
KammersaalFilharmonia im. Mieczysława Karłowicza w Szczecinie
ul. Małopolska 48
70-515 Szczecin