Die Harfe – oft als Engelsinstrument bezeichnet – wird nur selten mit Avantgarde in Verbindung gebracht. Dabei waren es gerade ihre Saiten, auf denen einige der kühnsten klanglichen Experimente des 20. Jahrhunderts stattfanden. Dieses Konzert erzählt die Geschichte der zeitgenössischen Harfe – nicht als dekoratives Beiwerk, sondern als eigenständige Protagonistin der modernen Musik.
Im Programm finden Sie vier selten aufgeführte Werke von vier polnischen Komponisten, deren Schaffen die Grenzen der klanglichen Vorstellungskraft erweitert hat. Ihr Zugang zur Harfe zeigt nicht nur die Wandlung der musikalischen Sprache, sondern auch einen grundlegend neuen Blick auf das Instrument selbst: nicht als Quelle von Schönheit, sondern als Werkzeug zur Erforschung der Grenzen des Klangs.
Artur Gelbrun, ein polnisch-israelischer Komponist, verbindet in seiner Introduktion und Rhapsodie (1972) mediterrane Ausdruckskraft mit westeuropäischer Form. Das Stück entfaltet sich frei – von einer stimmungsvollen Einleitung bis hin zu einer virtuosen Kulmination, in der die Harfe eine dramatische Intensität erreicht, die man mit ihr nur selten assoziiert.
Edward Bogusławski, Vertreter der Sonoristik, behandelt die Harfe in Preludio e cadenza (1977) wie ein Labor für Klangfarben. Unkonventionelle Spieltechniken, abrupte Kontraste und mikroskopisch feine harmonische Bewegungen lassen das Werk zwischen Struktur und Geste balancieren – als entstünde es im Moment des Erklingens.
Roman Haubenstock-Ramati, ein führender Pionier der grafischen Notation, verwendet in Cathedrale I (entstanden vermutlich in den 1980er-Jahren) eine offene Form. In der Version für Harfe, einer Interpretation dieser Partitur, weichen traditionelle Mittel klanglichen Ebenen, die von der Interpretin oder dem Interpreten im Raum und in der Zeit angeordnet werden. Die Harfe wird hier zugleich melodisch, perkussiv und räumlich – wie eine Skulptur aus Klang.
Witold Szalonek, einer der einflussreichsten Vertreter der Sonoristik, erforscht in den Drei Skizzen für Solo-Harfe (1972) die physische Klanglichkeit des Instruments. Erweiterte Spieltechniken, perkussive Effekte, Mikrotöne – all das steht im Dienst der Suche nach einer neuen Klangempfindsamkeit. Es handelt sich nicht um Improvisation, sondern um ein Werk mit präziser Form, deren Kraft im Moment des Unerwarteten liegt.
Jedes der präsentierten Werke zeigt eine andere Facette der Harfe, jenseits gängiger Konventionen, ganz nah am Klang. Ein Konzert für alle, die ein Instrument gern anders hören, als sie es gewohnt sind.
Auszug aus Bogusławskis Preludio e cadenza, aufgeführt von Adrian Nowak:
VIDEOS UND FOTOS
Das Konzert wird vom Nationalen Institut für Musik und Tanz im Rahmen des Programms „Polnische Musikszene“ mitorganisiert und vom Minister für Kultur und nationales Erbe finanziert.
Współorganizator
Förderung
DETAILS
Harfe mal anders 12-11-2025 19:00
KammersaalFilharmonia im. Mieczysława Karłowicza w Szczecinie
ul. Małopolska 48
70-515 Szczecin