Am Vorabend des 1. November laden wir zu einem Konzert ein, das nicht nur eine Reflexion über den Tod ist, sondern vor allem ein Nachdenken über Verwandlung. Das Konzert eröffnet das Adagio für Streicher des amerikanischen Komponisten Samuel Barber – eines der bekanntesten Trauermusikstücke des 20. Jahrhunderts. Obwohl es ursprünglich als Teil eines Streichquartetts entstand, entfaltet es seine volle Kraft erst in der Version für Streichorchester. Gerade diese Fassung erklang nach dem Attentat auf Präsident Kennedy, nach dem 11. September, bei Beerdigungen und in Momenten nationaler Tragödien. Doch es ist keine Musik der Verzweiflung – eher erinnert sie an den Klang unterdrückten Weinens.
Barbers Adagio für Streicher, aufgeführt von den Wiener Philharmonikern unter der Leitung von Gustavo Dudamel:
Anschließend erklingt der Liederzyklus Kindertotenlieder von Gustav Mahler zu Gedichten von Friedrich Rückert. Rückert schrieb diese Gedichte nach dem Tod seiner beiden Kinder. Mahler – ein Komponist, der entgegen dem äußeren Eindruck abergläubisch und voller Ängste war – war von dieser Dichtung fasziniert und vertonte sie. Das Werk entstand in den Jahren 1901-1904. Drei Jahre später starb seine geliebte kleine Tochter Maria Anna (genannt Putzi) im Alter von nur vier Jahren. Gerade diese spätere Tragödie verlieh den Kindertotenliedern eine noch tiefere, beinahe prophetische Dimension. Darüber hinaus war Alma Mahler, die Ehefrau des Komponisten, von Anfang an gegen die Komposition dieses Zyklus und warf Mahler sogar vor, „das Unglück heraufzubeschwören“. Später schrieb sie selbst, dass sie diese Lieder nach dem Tod der Tochter nicht mehr anhören konnte. Wenn man heute also vom „persönlichen Charakter“ dieses Werkes spricht, geht es nicht so sehr um eine autobiografische Situation zur Zeit der Entstehung, sondern um die Tatsache, dass der Komponist später genau das durchlebte, worüber er schrieb.
Mahlers Kindertotenlieder, aufgeführt von Ewa Podleś (Alt) und dem Warschauer Philharmonischen Orchester unter der Leitung von Jakc Kaspszyk:
Im nächsten Teil hören wir das Lied vom Falken von Grzegorz Fitelberg – ein Werk, das auf einer Erzählung von Maxim Gorki basiert. Es ist die Geschichte eines verletzten Falken, der in die Obhut eines Menschen gelangt. Er könnte bleiben, sich erholen, weiterleben. Aber das will er nicht. Kaum hat er seine Kräfte wiedergewonnen, fliegt er davon – und stirbt. Denn die Freiheit ist ihm wichtiger als die Sicherheit. Fitelbergs Musik bringt dieses Drama mit außergewöhnlicher Intensität zum Ausdruck – es ist ein musikalisches Poem über eine Entscheidung, nicht über eine Tragödie.
Das Konzert endet mit Tod und Verklärung von Richard Strauss. Es handelt sich um ein sinfonisches Poem über die letzten Augenblicke im Leben eines Künstlers. Im ersten Teil hören wir den Atem des Kranken, dann – Erinnerungen an Kindheit, Jugend, Liebe und Kampf. Und schließlich – in den letzten Minuten – die Verklärung. Es gibt kein großes Finale, sondern Licht. Wir spüren: Etwas hat sich vollendet. Es ist ein Konzert, das keineswegs traurig sein muss, denn wahre Musik verabschiedet sich nicht. Wahre Musik verwandelt.
Strauss' Tod und Verklärung aufgeführt vom WDR Sinfonieorchester unter der Leitung von Cristian Măcelaru:
Die Vokalpartien in den Werken von Mahler und Fitelberg werden von Małgorzata Walewska übernommen – einer der bedeutendsten polnischen Opernsängerinnen, deren kraftvolle Stimme und charismatische Bühnenpräsenz ihr Anerkennung auf zahlreichen renommierten Opernbühnen der Welt eingebracht haben. Das Sinfonieorchester der Philharmonie Stettin wird von Przemysław Neumann dirigiert.
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DETAILS
Der Klang der Traurigkeit, die Musik der Hoffnung 31-10-2025 19:00
SinfoniesaalFilharmonia im. Mieczysława Karłowicza w Szczecinie
ul. Małopolska 48
70-515 Szczecin