Die Eröffnung einer neuen künstlerischen Saison ist mehr als nur ein festlicher Abend – sie ist der Auftakt zu einem Gespräch, das sich über viele Monate erstreckt. Ein Dialog, in dem die Musik das Wort ergreift – nicht mit Sprache, sondern mit Gefühl, Spannung, Stille und Klang. Deshalb beginnen wir diese Saison mit zwei Werken, die das Unsagbare hörbar machen: Sehnsucht, Angst, Trauer, aber auch Hoffnung und Liebe. Kompositionen, geschaffen von Künstlern, die bereits einen langen Lebensweg hinter sich hatten – und deren Musik von tiefster menschlicher Erfahrung zeugt.
Antonín Dvořáks Cellokonzert in h-Moll, op. 104 – vollendet 1895 in New York – zählt zu seinen letzten großen symphonischen Werken. Der Komponist, der lange Zeit skeptisch gegenüber dem Cello als Soloinstrument war, schuf hier ein Meisterwerk: technisch brillant, aber vor allem von eindringlicher Emotionalität.
Das Cello wird zur Stimme – mit Wärme, Tiefe und einer berührenden Menschlichkeit. Mal erzählt es zärtlich, mal klagt es in dramatischer Geste. Im letzten Satz zitiert Dvořák sein Lied Lasst mich allein, das seine verstorbene Schwägerin Josefína besonders liebte – ein intimer Moment, der dem ganzen Werk eine tief persönliche Note verleiht. Als wäre es ein letztes Wort in einem nie zu Ende geführten Gespräch.
Solist des Abends ist der deutsch-kanadische Cellist Johannes Moser, einer der herausragendsten Musiker seiner Generation. Preisträger des Internationalen Tschaikowski-Wettbewerbs, geschätzt für seinen expressiven Stil, technische Brillanz und seine außergewöhnliche musikalische Tiefe.
Dvořáks Cellokonzert, gespielt von Johannes Moser und den Prager Philharmonikern unter der Leitung von Jakub Hrůša:
Tschaikowskis Sinfonie Nr. 6 in b-Moll, op. 74 Pathétique, wurde am 28. Oktober 1893 in St. Petersburg uraufgeführt – nur neun Tage vor dem Tod des Komponisten. Der Titel stammt nicht von ihm selbst; Tschaikowski nannte sie schlicht eine „Programmsinfonie“, ohne das zugrunde liegende Programm zu enthüllen. Es war sein Bruder Modest, der den Titel Pathétique vorschlug – zu verstehen nicht im heutigen Sinn von „pathetisch“, sondern im ursprünglichen Sinne von „erhaben, gefühlvoll, leidenschaftlich“.
Fragment aus Tschaikowskys 6. Symphonie, aufgeführt von den Berliner Philharmonikern unter der Leitung von Daniel Barenboim:
Diese Sinfonie durchbricht klassische Formen: Statt eines triumphalen Finales gipfelt sie im dritten Satz in einem dramatischen Höhepunkt, auf den ein langsamer, stiller, fast tränenreicher vierter Satz folgt. Tschaikowski beendet sein Werk leise – wie einen Brief ohne Unterschrift.
So unterschiedlich beide Kompositionen auch sind, sie sprechen dieselbe Sprache – die der Emotion. Eine Sprache, die keine Worte braucht. Wie Yehudi Menuhin einst sagte: Musik ist die Sprache, die ohne Worte spricht – und doch den Kern der Dinge trifft. Heute Abend spricht die Musik. Nicht als Hintergrund – sondern als Stimme. Die Stimme der Gefühle, die uns alle verbinden: Solist und Orchester, Bühne und Publikum, Vergangenheit und Gegenwart.
Mit dieser Stimme eröffnen wir die neue Spielzeit. Möge sie der Anfang eines wortlosen Gesprächs sein – das ein ganzes Jahr lang anhält.
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DETAILS
Eröffnung der 78. Konzertsaison 26-09-2025 19:00
SinfoniesaalFilharmonia im. Mieczysława Karłowicza w Szczecinie
ul. Małopolska 48
70-515 Szczecin