Im Barock war England kein musikalisches Zentrum Europas. Zwar verfügte das Land über eine eigene Musiktradition, griff jedoch bereitwillig auf importierte Stile – den italienischen, französischen und deutschen – zurück und formte daraus etwas Eigenes. Gerade darin liegt der besondere Reiz des englischen Barocks. Es ist eine Musik der Einflüsse, der Entscheidungen und der Reaktionen. Der englische Barock ist ein Barock der Rezeption.
Im Programm dieses Abends begegnen sich bekannte und weniger bekannte Namen:
Henry und
Daniel Purcell,
John Blow,
William Babell sowie
Georg Friedrich Händel. Sie alle wirkten in einem kulturellen Umfeld, das offen war für Einflüsse vom Kontinent – die italienische Sonate und die französische Suite – und diesen Formen einen eigenen Ton verlieh. Mal zurückhaltend, mal reich verziert, mal elegant reduziert. In England ging es nicht um „Fortschritt“, sondern um guten Geschmack und guter Geschmack griff gern auf fremde Vorbilder zurück.
Man darf nicht vergessen, dass viele dieser Werke nicht bis ins letzte Detail aufgeschrieben wurden. Verzierungen, Kadenzen, improvisierte Übergänge – all das gehörte zur Aufführungspraxis. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel ist William Babell, Cembalist und Geiger, der für seine virtuosen Bearbeitungen populärer Themen berühmt wurde. Seine Fassungen von Werken Händels oder Corellis sind keine bloßen Abschriften – sie sind Variationen, Kommentare, teils geradezu Remixes. Im Barock war der Interpret kein passives Medium – er war ein Mitgestalter.
Das
Duo FORA –
Olivia Petryszak (Flöten) und
Matthew Brown (Cembalo, Orgel) – nähert sich diesem Repertoire mit derselben Haltung: es nicht zu reproduzieren, sondern daran teilzuhaben. Im Programm begegnen uns sowohl englische als auch kontinentale Kompositionen. Sie alle sind Teil einer gemeinsamen Erzählung über Musik, die reist, ihren Kontext und ihre Form wandelt und lebendig bleibt, weil man ihr Freiheit lässt.