Johannes Brahms war keiner, der leicht Gefühlen Ausdruck verlieh. Er sprach wenig, trank viel Kaffee und pflegte seinen Ruf als Miesepeter. Mit vierzig sah er aus wie ein sechzigjähriger Philosoph mit Bart und im Alter ließ er nur noch eben jenen Bart weiterwachsen. Doch hinter diesem scheinbar schroffen Wiener Spießer verbarg sich eine andere Seite – die, die in seiner Kammermusik vielleicht am deutlichsten zum Vorschein kommt.
Gegen Ende seines Lebens war Brahms der Überzeugung, alles gesagt zu haben. 1890 erklärte er seinen Rückzug vom Komponieren. Seine Freunde begegneten dieser Ankündigung mit Skepsis. Brahms war erst 57 Jahre alt und kaum der Typ, der zur Untätigkeit neigte. Sie sollten recht behalten: Bereits ein Jahr später trat Richard Mühlfeld in sein Leben – Klarinettist der Meininger Hofkapelle. Brahms verliebte sich – nicht in den Menschen (so sehr er ihn auch schätzte), sondern in die Klänge, die dieser seinem Instrument zu entlocken vermochte.
Fasziniert vom warmen, ausdrucksstarken Ton der Klarinette schrieb Brahms für Mühlfeld zwei Meisterwerke: das a-Moll-Trio op. 114 und das h-Moll-Quintett op. 115. Beide entstanden nahezu zeitgleich im Jahr 1891 und beide zeigen, dass Brahms’ „letztes Wort“ noch lange nicht gesprochen war.
Das Trio ist ein intimes Gespräch: Klavier, Klarinette und Cello – jede Stimme für sich, und doch verflochten in einem feinen, beinahe freundschaftlichen Dialog. Das Quintett hingegen ist größer gedacht – dicht, tiefgründig, voller Rückgriffe und Atempausen. Manche hören darin Melancholie und eine stille Akzeptanz der Vergänglichkeit. Andere sehen darin ein weiteres Kapitel eines musikalischen Lebens, das Brahms keineswegs beenden wollte.
Brahms' Trio a-Moll op. 114, gespielt von Anthony McGill (Klarinette), Clive Greensmith (Cello) und Conrad Tao (Klavier):
Interessant ist: Auch wenn der Klarinettist ihn unmittelbar inspirierte, vertraute Brahms so sehr auf die Kraft dieser Musik, dass er alternative Fassungen akzeptierte: das Trio auch in einer Version mit Viola und das Quintett als Klaviertranskription.
Brahms war nicht freigiebig mit Worten – wohl aber mit Klängen. Besonders dann, wenn er glaubte, nichts mehr beweisen zu müssen.
Brahms' Quintett h-Moll op. 115, gespielt von Damien Bachmann (Klarinette) und dem Streichquartett Quatuor Ébène:
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Zarter Brahms 18-03-2026 19:00
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