Zwischen Gebet und Musik – das ist das Erlebnis, das uns Przemysław Neumann und unser Orchester in dieser besonderen Zeit schenken. Nicht alles, was berührt, muss laut sein. Es gibt Werke, die keine Wirkung suchen, keinen dramatischen Höhepunkt anstreben. Sie verweilen irgendwo zwischen Gebet und Musik – und genau dort bleiben sie.
Im ersten Teil des Konzerts erklingt das Stabat Mater von Karol Szymanowski – eines der ergreifendsten und zugleich sparsamsten und klarsten Werke des Komponisten. Es entstand im Jahr 1926, nach dem Tod seiner geliebten Nichte. Zwar basiert es auf dem mittelalterlichen Text über das Leiden der Muttergottes unter dem Kreuz, doch handelt es sich nicht um eine Liturgie, sondern vielmehr um ein persönliches Bekenntnis.
Szymanowski verzichtete auf die lateinische Originalfassung zugunsten einer polnischen Übersetzung, und anstelle monumentaler orchestraler Rhetorik setzte er auf Volksmusik – mit modalen Tonleitern und Melodien von einer Schlichtheit, die beinahe an Volkslieder erinnert. Er wollte, wie er selbst schrieb, ein Werk schaffen, das das leiseste und demütigste sein sollte. Dramatische Höhepunkte sucht man hier vergeblich. Stattdessen hören wir ausgewogene chorale Gebete, einen Dialog zwischen Instrumenten und Stimmen – zwischen den drei Solopartien, dem Chor des Nationalen Musikforums, sowie der Sinfonieorchester der Philharmonie in Szczecin unter der Leitung von Przemysław Neumann. Die Solisten sind: Sopran Ilona Krzywicka, Trägerin des renommierten Prix Lyrique L’AROP 2012, die unter anderem an der Pariser Oper aufgetreten ist. Die Altpartie wird Justyna Rapacz anvertraut, die sich im Oratorien- und Kantatenrepertoire bestens auskennt, wie ihre umfangreiche Zusammenarbeit mit der Semperoper Dresden und ihre Aufführung von Brahms’ „Alt-Rhapsodie“ belegen. Die Baritonpartien werden von Adam Kutny gesungen, einem Preisträger zahlreicher Gesangswettbewerbe und Solisten der Staatsoper Unter den Linden in Berlin von 2019 bis 2024.
Szymanowskis Stabat Mater, aufgeführt von Chen Reiss (Sopran), Gerhild Romberger (Alt), Mark Stone (Bariton), dem Chor Groot Omroepkoor und dem Radio Filharmonisch Orkest unter der Leitung von Markus Stenz:
Nach der Pause begeben wir uns in eine andere Welt – und bleiben doch im selben geistigen Raum. Es erklingt die Orchestersuite aus Parsifal von Richard Wagner, bearbeitet von Henk de Vlieger. Wagners letztes Bühnenwerk, das er selbst nicht Oper, sondern ein „Bühnenweihfestspiel“ nannte. Die Geschichte von Parsifal, dem „reinen Tor“, der durch Mitgefühl zum Erlöser wird, ist kein Theater – sondern eine musikalische Meditation über Erlösung.
Die Suite enthält zentrale Abschnitte der rund viereinhalbstündigen Oper und zeigt, wie Wagner auf theatrale Erzählung verzichtet – zugunsten eines Klangs, der nicht Handlung vorantreibt, sondern einen Raum entstehen lässt: ruhig, gedehnt, beinahe mystisch. Ihr Herzstück ist die sogenannte Karfreitagsmusik – ein instrumentaler und vokaler Abschnitt aus dem dritten Akt, der die Szene zwischen Parsifal und Gurnemanz begleitet. Parsifal wundert sich, dass alles um ihn herum so schön ist – obwohl es Karfreitag ist. Gurnemanz erklärt ihm, dass das Leiden die Welt reinigt – und dass gerade dank dieses Leidens alles erblüht. Möge auch dies die Botschaft unseres Abends zwischen Gebet und Musik sein.
Suite aus Wagners Parsifal, aufgeführt vom London Philharmonic Orchestra unter der Leitung von Andrew Gourlay:
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DETAILS
Zwischen Gebet und Musik 27-03-2026 19:00 | 28-03-2026 19:00
SinfoniesaalFilharmonia im. Mieczysława Karłowicza w Szczecinie
ul. Małopolska 48
70-515 Szczecin