Das Bläserquintett wurde lange Zeit stiefmütterlich behandelt – als Salonform, als didaktisches Modell, mitunter gar als „Schulstück“. Doch im 20. Jahrhundert begann sich das zu wandeln. Komponisten entdeckten in dieser Besetzung mehr als nur fünf Instrumente – sie sahen darin fünf Stimmen, fünf Charaktere, fünf Arten zu denken. In diesem Programm begegnen sich vier ganz unterschiedliche Antworten auf die Frage, was moderne Kammermusik heute sein kann.
Emil František Burian (1904-1959), ein Vertreter der tschechischen linken Avantgarde, komponierte sein Bläserquintett im Jahr 1930. Damals war er nicht nur Komponist, sondern auch Dichter, Theaterregisseur und Publizist. Das Quintett folgt seiner funktionalen Ästhetik – es ist klar strukturiert, rhythmisch prägnant, basiert auf kurzen Motiven und markanten Kontrasten.
Václav Trojan (1907-1983) war vor allem als Komponist von Film- und Rundfunkmusik bekannt – unter anderem für die Zeichentrickfilme von Zděnek Miler. Sein Bläserquintett Es-Dur op. 8, entstanden in den 1940er-Jahren, wurde für den Konzertsaal konzipiert: ein kompaktes, präzise gebautes Werk mit klarer formaler Logik und einer gut nachvollziehbaren Rollenverteilung zwischen den Instrumenten.
Paul Höffer (1899-1949), deutscher Komponist und Musiktheoretiker, greift in seinem Bläserquintett ein Motiv aus einem der Streichquartette Beethovens auf und entwickelt es in Variationsform weiter. Das Werk ist ein Beispiel für den deutschen Neoklassizismus der 1930er-Jahre: geprägt von transparenter Textur, kontrollierter Harmonik und ausgewogenen Proportionen.
Roman Maciejewski (1910-1998), polnischer Modernist und Emigrant, vollendete sein Bläserquintett im Jahr 1934 – kurz bevor er das Land verließ. Das Werk wurde mehrfach im Polnischen Rundfunk aufgeführt. Es zeichnet sich durch eine kompakte, viersätzige Form, eine reiche Klangstruktur und deutlich kontrastierende Tempi aus. Es zählt zu seinen ersten reifen kammermusikalischen Kompositionen, in dem sich die Klangwelt von Karol Szymanowski und die Atmosphäre der Warschauer Musikszene der Zwischenkriegszeit widerspiegeln.
Jedes der präsentierten Musikwerke nutzt denselben instrumentalen Apparat – doch auf ganz unterschiedliche Weise. Es sind vier eigenständige musikalische Welten, gebaut aus denselben fünf Instrumenten. Es lohnt sich hinzuhören, wie unterschiedlich Flöte, Oboe, Klarinette, Fagott und Horn sprechen können – und wie sehr es darauf ankommt, wer ihnen die Stimme verleiht.
Ausschnitt aus dem Konzert des FeelHarmony Quintetts 2023 in der Philharmonie in Szczecin:
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DETAILS
Die Kraft der Kontraste 29-04-2026 19:00
KammersaalFilharmonia im. Mieczysława Karłowicza w Szczecinie
ul. Małopolska 48
70-515 Szczecin